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Fridolin Zugmantel folgte nur allzu gerne seiner Familien- und gleichermaßen alten Tradition in Überlingen, bei der stattlich gekleidete Männer mit einem Schwert in den Händen einen uralten Zunfttanz präsentieren. Die zweite Schwedenprozession wird von der Überlinger Schwerttanzkompanie begleitet, deren Krönung der „Schwertletanz“ ist.
Seit 1984 war Fridolin Zugmantel Mitglied und einige Jahren davon auch erster Platzmeister (erster Vorstand) der Gruppe. „Die Geschichten um die Schwerttanzkompanie habe ich praktisch in die DNA mitbekommen, da auch mein Vater und Großvater Mitglieder waren.“ Fridolin Zugmantel stand für gelebte Tradition. 1428 wurde die Familie erstmals als „Zunftmeister“ erwähnt. Die Familie hat im Ratssaal der Stadt sogar ein eigenes Wappen. Zugmantel leitet zusammen mit seiner Frau einen Metzgereibetrieb in der 3. Generation und lebt im historischen „Dorf“ von Überlingen.
Die momentan 44 Vereinsmitglieder haben ihr Vereinsheim in den historischen Räumlichkeiten des Aufkircher Tors. Als Mitte der 70er Jahre die bis dahin letzte Bewohnerin des Aufkircher Tores verstarb, sah Zugmantels Vater die Chance, das historische Gebäude als passendes Domizil für die Schwerttanzkompanie zu gewinnen. „Vieles haben die Männer damals in Eigenarbeit ausgebaut und ich hatte oft als Bub die Aufgabe, ihnen abends eine Brotzeit zu bringen. So konnte ich mit auf der Treppe sitzen und den Geschichten lauschen. Mit 18 Jahren war es für mich selbstverständlich, dass ich Teil der Gruppe wurde.“ Der Altersdurchschnitt des Vereines liegt derzeit bei nur 44 Jahren, da auch viele junge Menschen Interesse an dieser besonderen Tradition haben. Die Kompanie gliedert sich in zwei Abteilungen, die sogenannte Fahnenkompanie, zu der die vier Platzmeister, der Fähnrich und die Spielleute (Trommler und Pfeiffer) sowie der Hänsele gehören, und die eigentlichen Schwerttänzer.
Wer durch den Stadtgarten schlendert, kommt irgendwann zum Aufkircher Tor, dessen Räumlichkeiten der Öffentlichkeit nicht zur Verfügung stehen. Während der Landesgartenschau 2021 gibt es am jeweils ersten Sonntag im Monat beim „Tag der offenen Tore“ eine Ausnahme und damit die Chance, das Aufkircher Tor mit Mitgliedern der Schwerttanzkompanie zu besuchen und in die spannende Geschichte der Stadt einzutauchen.
Der Überlinger Schwertletanz wird nur zu besonderen Anlässen und im Anschluss an die zweite Schwedenprozession (2. Sonntag im Juli) vorgeführt. Er besteht aus vier verschiedenen Figuren und reiht sich ein in eine lange Tradition des Schwerttanzes in Mittel- und Westeuropa, dessen Spuren bis zum Ende des 14. Jahrhunderts urkundlich nachgewiesen werden können.
Der uralte Zunfttanz hat bei uns im Überlinger Fastnachtsbrauchtum seinen Ursprung. Er wurde am 8. Februar 1646 erstmalig im reichsstädtischen Ratsprotokoll erwähnt. Die Kleidung besteht aus dunkelblauen Fräcken mit roten Westen, schwarzen Samtbundhosen, weißen Stehkragenhemden mit schwarzen Stiefeln, weißen Handschuhen und weißen Kniestrümpfen sowie schwarzen Schuhen mit Zierschnallen. Der Degen wird frei getragen und als Kopfbedeckung dient ein schwarzer Dreispitz. Die Spielleute tagen schwarze Fräcke mit weißen Westen.
Der „Hänsele“, eine wichtige Figur in der Überlinger Fasnacht, spielt auch bei den hiesigen Schwertletänzen eine tragende Rolle. Er verkörpert im farbenprächtigen Narrenkleid einen aufsässigen Außenseiter, der sich vom Glauben abgewendet hat und durch die Kneipen zieht. Der Darsteller des Hänsele wird vor jedem Auftritt neu bestimmt.
Früh morgens am Tag der zweiten Schwedenprozession trifft sich die Fahnenkompanie im Aufkircher Tor. Kurz vor dem Abmarsch wird der Hänsele vor die Tür gestoßen, während der Rest der Kompanie vor der St. Jodok Kirche wartet. Während die Kompaniemitglieder an der heiligen Messe teilnehmen, zieht der Hänsele durch die Wirtshäuser und bettelt um Geld. Auf der Überlinger Hofstatt treten die Tänzer in Linie zu einem Glied an.
In Überlingen besteht der Schwerttanz aus vier verschiedenen Figuren: Die Tänzer greifen mit der linken Hand die Degenspitze ihres Vordermannes, mit der rechten ihren eigenen Griff und tanzen eine Acht. Bei der zweiten Figur bleiben die Platzmeister stehen und alle anderen tanzen unter deren erhobenen Degen hindurch. Dabei bleibt immer jeweils ein Tänzer stehen, dass sich letztlich alle Degen kreuzen. Auf dem Höhepunkt des Tanzes, wird der Hänsele in der Mitte gefangen genommen.
Auf den Schwerttanz folgt zur Musik der Pfeifer und Trommler der Maidlinstanz. Jeder Schwerttänzer fordert eine der feierlich gekleideten Trachtenfrauen mit goldglitzernden Radhauben zum Tanz auf.
Die Überlinger Schwerttanzkompanie hat in den letzten Jahren einige internationale Schwerttanz-Treffen in England, Belgien und Italien besucht und dadurch viele Kontakte zu anderen Gruppen geknüpft. 2021 feiert die Schwerttanzkompanie ihr 375-jähriges Jubiläum. Das geplante Schwerttanztreffen und internationalem Besuch muss Corona-bedingt auf 2022 verschoben werden. Gruppen aus Belgien, Italien, England, Schottland und Kroatien werden dann auf ausgewiesenen Plätzen der Altstadt abwechselnd ihre Tänze präsentieren.
Auf ein weiteres Ereignis freuen sich die Vereinsmitglieder ebenfalls. Im Frühjahr wird die Bronze-Figur eines Schwertletänzers auf dem Olber-Brunnen beim Weinhaus Renker angebracht. Damit geht ein lang gehegter Wunsch der Kompanie in Erfüllung.